Gute Begleitung
8. Dezember 2018Bindungsprobleme von adoptierten Menschen aus neuro-biologischer Sicht
Unmittelbar nach der Geburt gibt es bei allen Kindern ein Bedürfnis nach Verbundenheit, da dieser Zustand vor der Geburt bereits erfahren und zu einer Erwartungshaltung in der Bedürfnisregion des Gehirns verdichtet wurde.
Im Gehirn gibt es dafür ein sogenanntes Bindungssystem, das mit besonderen Botenstoffen- den Bindungshormonen Oxytocin und Vasopressin, arbeitet. Außerdem gibt es dort ein sogenanntes Neugier oder Antriebssystem, welches als Botenstoffe Katecholamine ausschüttet.
Grundbedürfnisse werden irritiert
Wenn Kinder nun durch die Freigabe zur Adoption die Erfahrung machen, dass sie nicht Ihren Bedürfnissen entsprechend die Nähe und Verbundenheit finden, die sie brauchen, oder das sie nicht ihren autonomen Regungen wie der Gestaltungslust und der Entdeckerfreude nachgehen können und erstmal damit beschäftigt sind, sich in einem neuen Familiensystem zurecht zu finden um sich sicher zu fühlen, passiert in ihrem Gehirn genau das Gegenteil von dem, was wir uns alle für unsere Kinder wünschen.
Das Notprogramm springt an
Verunsicherung, Irritation, Angst. Die Folge sind Übererregung, Angst und Stressreaktionen. Mit diesem Chaos im Gehirn, vergeht jedem Kind sofort die Lust am Lernen und entwickeln sofort. Es versucht sich irgendwie zu retten, entweder indem es sich an den Rockzipfel der Bindungsperson klammert, oder sich aus allen- ihm die Luft zum atmen raubenden Bindungen herauszuwinden versucht. Lernen kann es jedoch in beiden Fällen nichts. Und gut geht es ihm dann auch nicht.
Lösung in der Annahme
Besser würde es ihm gehen, wenn es jemanden Fände, der es so annehmen würde, wie es ist. Ohne irgendwelche Erwartungen und ohne etwas aus ihm machen zu wollen. Jemand der es einlädt, ermutigt und inspiriert, es doch noch einmal zu versuchen, doch noch einmal zu sehen, ob es geht, ob es nicht doch möglich ist, in engster Verbundenheit über sich hinauswachsen zu können, um autonom und frei zu werden.
Liebe als Basis
Das kann nur jemand, der dieses Kind wirklich liebt. Das Glück, so bedingungslos geliebt zu werden, haben leider nicht alle Kinder. Viele haben ein Rolle zu erfüllen und Erwartungen zu erfüllen. Deshalb ist es gut, dass es noch eine andere Beziehungsform gibt in der wir menschen uns nicht nur als Kind, sondern ein ganzes Leben lang ebenfalls gleichzeitig verbunden und frei erleben können.
Geteilte Aufmerksamkeit
Diesen Zustand erlebt ein Kind immer dann, wenn es zusammen mit seiner Mutter ein Bilderbuch betrachtet, wenn es zusammen mit anderen Kindern einen Turm baut, gemeinsam mit anderen singt, tanzt, musiziert oder etwas bastelt. Immer dann, wenn das geschieht, fühlt sich das Kind in diesem gemeinsamen Tun auf engste mit allen anderen verbunden. Aber es ist gleichzeitig auch frei und autonom und kann sich mit allem was es kann und was es interessiert in dieses gemeinsame Tun einbringen.
Dann werden seine beiden Grundbedürfnisse gestillt. Dann wächst es in diesem gemeinsamen Tun gemeinsam mit anderen über sich hinaus. Dann ist ein Kind sogar bereit, seine eigenen augenblicklichen Interessen zurückzustellen, sich anzustrengen, auf die anderen zu achten, sie zu ermutigen und anzuspornen, damit das gemeinsame Werk gelingt.
Potentialentfaltung wird möglich
Es wäre für die Potentialentfaltung unserer Kinder die beste Hilfestellung, wenn wir als Erwachsene ihnen möglichst viele Gelegenheiten böten, diesen Zustand geteilter Aufmerksamkeit zu erleben. Dazu müssten wir mit Ihnen gemeinsam beobachten, bauen, entdecken und gestalten, was ist in unserer Welt zu entdecken und zu gestalten gibt. Und wir müssten uns mit ihnen gemeinsam um all das kümmern, was unserer Zuwendung bedarf.
Linda Dorday
Adoptionscoach
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